Nirgendwo im Irgendwo auf einem Asteroiden

Nirgendwo im Irgendwo auf einem Asteroiden

Diese Novelle wurde in Fantasia 1072e veröffentlicht. Der edfc (Erster Deutscher Fantasy Club) gibt das Heft regelmäßig heraus, schaut mal vorbei: Link

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Nirgendwo im Irgendwo auf einem Asteroiden

Zeitintervall 4.201.333, mittags.

Zwei Männer – sind es Männer? – sitzen auf zwei Stühlen – ja, es sind Stühle, wenn auch nicht aus Holz, Plastik oder sonst einem erdnahen Rohstoff – und schauen von der Oberfläche ihres Asteroiden auf einen anderen, soeben vorbeifliegenden. Der Asteroid ohne Namen, auf dem die beiden sitzen und in das vermeintlich so leere Weltall starren, würde die beiden Vielleicht-Oder-Durchaus-Möglich-Männer niemals auf der Oberfläche halten können, wenn die beiden Männer – ja, sie sind doch welche! – nicht imstande wären, die Schwerkraft zu erzeugen, die sie auf dem Asteroiden hält. Dafür waren gewisse Vorkehrungen notwendig, doch für einen Ausblick wie diesen würden die beiden noch viel weiter gehen – und einer der beiden war schon einmal viel weiter gegangen, als er einen Trabanten eines anderen Planeten aus der Umlaufbahn schoss, nachdem er feststellen musste, dass dieser ihm die Aussicht auf einen interstellaren Nebel verdeckte, den er erst entdeckte, als er sich das erste Mal außerhalb des ihm zugewiesenen Territoriums bewegte. Jetzt werden sich manche Menschen – sind es überhaupt noch Menschen? – an ihren eigenen Ungehorsam erinnern, als sie das erste Mal das eigene Territorium verließen, doch wer will das in den Weiten des Weltalls überhaupt nachprüfen? Die Menschen – belassen wir es bei diesem Ausdruck, denn jeder andere würde nur dazu führen, dass man sich ein menschenunähnliches Wesen vorstellen würde und damit viel weiter von der Realität entfernt wäre, als wenn man sich einen Menschen ausdenkt, der nicht mehr so Mensch ist wie es damals auf der Erde der Fall war, als die Menschen noch alleinig und ausschließlich diesen einen Planeten bewohnten – ja, die Menschen, die sich in allen Teilen des riesigen Weltalls aufhalten, müssen verschiedenartige Lebenssituationen – ist es überhaupt noch ein Leben? – meistern, wobei das Meistern eher die Form des Überlebens hat, da sich die Menschen entweder in ein System pressen müssen oder soweit außerhalb jeglicher Kontrolle stehen, dass das Leben an sich schon eine Meisterleistung ist, denn wo die Lebensbedingungen besser sind, gibt es auch ein hohes Maß an Kontrolle, während es weit draußen im kalten und immer wieder als leer und trostlos empfundenen Weltall zuweilen schwierig ist, einen Ort zu finden, an dem man sich gedankenlos entleeren konnte, ohne dass die Exkremente über eine subplanetare Umlaufbahn in weniger als eine Minute wieder über einem niederregnen – als Eissplitter der fiesesten Sorte.

Aber zurück zu den beiden Männern auf dem Asteroiden, der nicht genug Anziehungskraft besitzt, um von sich selber aus die beiden festzuhalten – zum Glück gibt es technische Erfindungen aus dem Erfindungsreichtum der Menschen, die ihn dazu befähigen, die Widrigkeiten des Lebens so zu meistern, dass er einige der Gesetzmäßigkeiten des Weltalls so zurechtbiegen kann, dass das Leben auch dort möglich ist, wo es im ureigentlichen Sinne unmöglich sein sollte. Wobei der eine der beiden, der zugleich der ältere von beiden ist, bei seinem letzten Besuch auf einem nahen Planeten bemerkt hatte, dass es auch immer wieder Erfindungen gibt, die den Menschen zwar auf den ersten Blick überzeugen, ihn jedoch an der Nutzung derselben verzweifeln lassen. So hatte er auf einem Planeten, auf dem sich nie, aber auch niemals Wolken bilden, gesehen, wie Menschen daran arbeiteten, um endlich Wolken und damit Regen zu bilden – sie importierten Unmengen an Versuchsmaterial quer durch die Galaxis, holten Forscher und Arbeiter herbei, stemmten die gesamte Forschungsarbeit, die auch bereits vor dem Durchbruch schien, als einer der Menschen in einer lauen Sommernacht – die natürlich weder mit dem Sommer noch mit den Nächten auf der Erde vergleichbar sind – wobei die wenigstens Menschen überhaupt noch die Erde kennen –, als einer der Menschen auf die Idee kam, grundlegend zu prüfen, ob dieser Planet, auf dem sie sich befanden, überhaupt in der Lage war, Regen zu produzieren – erst in diesem Moment, nach jahrelanger Tüftelei stellte sich heraus, dass die Grundlage eines wechselhaften Regenwetters fehlte – der Sauerstoff. Was wiederum die Frage aufwirft, warum die Menschen die Abwesenheit des Sauerstoffs nicht vorher bemerkt hatten, da sie alle mit Atemsimulationsgeräten herumliefen.

Doch diese Erfindung, das Erschaffen einer so großen Anziehungskraft, die dazu ausreicht, um zwei ausgewachsene Männer an einen Asteroiden zu binden, der selbst nur maximal eine Ameise halten konnte – wenn man von einer erdnahen Verwandten der Ameise ausgeht und nicht, wie schon auf manchen Urwaldplaneten gesehen, überdimensionale Exemplare –, diese Erfindung reicht aus, um die Kinnlade eines jeden Betrachters herabsinken zu lassen – solange, bis die mangelnde Schwerkraft den Mund wieder schließen lässt, was zwar physikalischer Quatsch ist, aber es solle mal jemand das Gegenteil beweisen! Aber die beiden Männer – der ältere und der jüngere – hatten das voll im Griff, denn sie waren Profis – wenn man… aber lassen wir das mit dem »Wenn man das sagen kann«, denn man kann es ja eigentlich nie so wirklich sagen, wenn man es nicht ausspricht – also die beiden Profis, der ältere und der jüngere, die übrigens wie durch einen Zufall im selben Zeitintervall geboren waren, konnten die Schwerkraft mehr als alles andere kontrollieren, waren sozusagen massereich schwerelos. Manche Professoren – denn die gibt es auch noch in diesen Intervallzeiten – behaupten zwar hartnäckig, dass es schwerelos massereich heißen müsste, doch Haarspaltereien sind an diesem Punkt nicht angesagt, auch wenn man sagen muss, dass die beiden auf dem Asteroiden fürs Haarespalten eindeutig zu wenig Haare besaßen.

An diesem Punkt kommt eine alte Anekdote zum Vorschein, die sich in den Gehirnwindungen des Jüngeren der beiden versteckt hielt, um justamente in jenem Moment zu erscheinen, in dem beide nach draußen ins Weltall blickten; langsam und sich erst einmal an die mangelnde Schwerkraft wieder gewöhnend, öffnet der jüngere der beiden den Mund und formuliert probeweise einige Worte, die erst nach mehrmaligem und schnellerem Hören zu richtigen, verständlichen Lauten werden. Manche werden sich jetzt wundern, wie man schneller hören kann, doch diese Leser sollten sich vor Augen halten, wie es dereinst auf der Erde, am Anbeginn allen Lebens, mit den Sinnen bestellt war und wie es Jahrmillionen später aussah. Dass sich die kolonialisierenden Menschen im Weltall auch mit ihren Sinnen neu orientieren mussten, ist doch normal – wenn man davon ausgeht, dass der Mensch an sich normal ist, auch wenn er feststellen musste, dass er für seine Verhältnisse und im Vergleich mit anderen Außerirdischen unnormal wirken musste (wie das bei solchen Geschichten ist, die voraussetzungsreich einsteigen und doch im Grunde erst eins nach dem anderen erzählen können, muss auch hier einiges nach hinten geschoben werden, sonst würde die Geschichte nie beginnen – und wenn man es ureigentlich betrachtet, weiß man als Leser immer noch nicht, warum die beiden überhaupt auf die Idee gekommen sind, auf einem Asteroiden, der zu wenig Anziehungskraft für die beiden hat, Stühle aufzustellen und ins All zu blicken, um einen vorbeiziehenden Asteroiden anzuschauen – doch dazu später… – vielleicht kürzen wir das ein wenig ab und einigen uns darauf (wobei ich dem Leser undemokratisch kein Mitspracherecht einräume, sondern im Gesamten denke, also mathematisch verkürzt, ohne lange Prosa, sondern direkt, klar, verständlich auf dem Punkt – kurzum, ab jetzt wird die Phrase »dazu später mehr« im Folgenden und durchgehend mit (***) gekennzeichnet. Ob der Subtext, der sich an den Kontext anschließt, dann wirklich irgendwann später kommt, kommt immer darauf an, wie sehr der Lesende bereit ist, meinen klar strukturierten und keinesfalls ausufernden Gedankengänge folgen zu können, denn was diese wahnwitzig verstrickte Geschichte auf keinen Fall vertragen kann, ist weitere Verwirrung, indem der Erzählende keine klare Linie im Erzählen findet, von einem Punkt zum anderen springt und wieder zurück – kennen Sie die Geschichte, wie der eine dem anderen… sehen Sie, jetzt hätte ich den Lesenden auf eine falsche Spur führen können, doch wie ich gesagt habe, bleibe ich starr auf meiner Erzähllinie, die ich in diesem Moment nur unwesentlich verlassen habe, um das (***) einzuführen)).

Also, wir waren bei den Außerirdischen (***) und kommen jetzt zu einem Thema, bei dem ich die Erzählung wieder aufnehmen möchte – in dem Moment, als der jüngere von den beiden, die im selben Zeitintervall geboren sind, erwähnt, dass er soeben ein vollständiges Wort gesprochen habe, damit der ältere der beiden nun darauf gefasst ist, schneller zu hören und das Gesagte zu verstehen – quasi das Gesagte zurückzuüberholen. Wie auch in den anderen Zeitintervallen ist das schnellere Hören immer dann schwierig, wenn gerade keine Anziehungskraft vorhanden ist, und der Ältere der beiden muss sich mächtig anstrengen, den Anfang des Gesagten nicht zu verpassen – denn darin liegt der Schlüssel allen Verstehens. Es ist wie bei der ursprünglichen Erde und den Partnerschaften und… Ach ja, diese uralte Klamotte aus den Anfangsintervallen der Menschheit hat sich auch in diesen Zeitintervallen nicht gelegt, denn der Mensch hat es bisher noch nicht geschafft, sich so weit zu entwickeln, dass das Gedanken-/Gefühls-/Hormongemisch des einen Wesens kongruent zu dem des anderen ist. Die Frage, die dabei im Raum steht, ist doch eine ganz klare: Wie würde sich das menschliche Leben entwickeln, wenn es dem Menschen als Spezies gelänge, die verschiedenen Wesen ihrer Spezies übereinanderzulegen und anzugleichen? Wie würde eine biologische Evolution exegetisch vonstatten gehen, wenn es keine Evolution mehr gäbe, kein Aneinanderreiben, keine Notwendigkeit, sich anzupassen, sich weiterzuentwickeln, sondern immer auf dem niederen Stand bleiben zu wollen, auf dem die… Upps, jetzt wäre ich beinahe der Erzählung auf den Leim gegangen und in den Bereich der Wesensfeindlichkeit abgedriftet – das aber, und da lasse ich keine Diskussionen zu, ist vollkommen, vollständig und vollstens gegen meine wahren inneren Einstellungen (außer der Lesende ist ein Wesen, das immer wesensungleich behandelt wurde, dann würde ich vielleicht…). Hören Sie es auch im Hintergrund immer brabbeln? – das ist das Hintergrundsäuseln der anderen Wesen, die uns in unserer Umgebung fledermausartig mit Schallwellen kontrollieren, in welcher Stimmung wir sind, ehe sie zuschlagen – genau in dem Moment, in dem wir – habe ich mich damit als ein bestimmter Erzähler geoutet?! – also, wir Wesen müssen uns überlegen, ob ein vom Zaun gebrochener Streit mit dem anderen Wesen wirklich und eineindeutig das Ziel der nächsten Stunden sein soll oder ob wir duckmäuserisch das Gewitter ertragen, den Kopf einziehen und schon während des Streits daran denken, was man mit dieser herrlichen Zeit alles Sinnvolles anfangen könnte, wenn diese schwadronierende Ungestalt endlich zum Ende finden würde. Wie Sie sehen, habe ich rein gar nichts gegen andere Wesen, im Gegenteil, ich würde mich sehr unvollständig fühlen, wenn ich ohne das andere Wesen wäre! Sagt zumindest mein Psychologe und rät mir, mehr auf die anderen Wesen einzugehen, doch… zurück zu den beiden auf dem Planeten – übrigens Junggesellen, wenn man (***) – also die beiden hatten sich am Vorabend (***) abgesprochen, dass sie sich den Tag (***) freinehmen wollten, um sich gegen die Mittagszeit (***) das Schauspiel des vorbeirauschenden Asteroiden anzusehen, der mit einem solchen Dampf durchs Weltall braust, dass er mit jeder Sekunde (***) mehr und mehr Staub- und andere Partikel verlor, sodass er ein Bild hinterließ, das in seiner magischen Mächtigkeit dem erdgleichen Polarlicht auf Highspweddroge gleichzusetzen war.

An dieser Stelle halte ich es für notwendig, dem Leser viele dieser (***) zu ersparen, indem ich mal etwas Grundsätzliches über die Zeitintervalle verliere. Wo fange ich da am besten an? Mal sehen – also hier ist gut, denke ich. Ja, sehr gut. Hmm.

Als die Menschen sich aufmachten, die Erde in Richtung Weltall zu verlassen (***, Entschuldigung, musste nochmal sein), machte man sich noch nicht so viele Gedanken, doch als man merkte, dass im Weltall die Uhren anders als die erdnahen tickten, suchte sich eine Gruppe Wissenschaftler einen festen Fixpunkt im All aus, von dem man die Zeitintervalle immer und immer wieder überprüfen und gegebenenfalls korrigieren konnte. Dabei entspricht ein Zeitintervall weniger als drei Sonnenumläufen auf der Erde und etwas mehr als vierunddreißig Mondumläufen, wobei dreizehn Mondumläufe grob das Jahr auf der Erde begrenzen, was bedeutet, dass ein Zeitintervall ungefähr neunhundertneunundsechzig Tage auf der Erde bedeutet – was das dann für das aktuelle Zeitintervall 4.201.333 heißt, ist dann klar: Es ist das viertausendzweihundertundeinste Zeitintervall und wir befinden uns rechnerisch am dreihundertdreiunddreißigsten Erdentag des Zeitintervalls, was aber eine rein rechnerische Größe ist, damit man einigermaßen eine übereinanderzubringende Zeitlinie hat. Daher bedingt sich auch die Aussage ganz am Anfang, dass es mittags war – denn ein Mittag kann im Weltall alles und nichts sein, doch die Menschen im Weltall hatten ein einfaches Mittel, um das festzustellen, denn ausgehend von der Evolution des Menschen hat sich in seinem Biorhythmus und der Notwendigkeit des Schlafes nichts verändert – das bedeutet, dass Schlafen die Entscheidung festsetzte, wann morgens, mittags und abends war – und das ziemlich undemokratisch. Zu Beginn dieser Einteilung war es den Menschen schwergefallen, dass abends nicht gleich abends war, denn wenn der eine der beiden Gesprächspartner soeben erst aufgestanden war, erschien der Abend eines anderen wie der freudestrahlende Morgen eines anderen. Die einzig wirklich wichtige Aussage war das Zeitintervall, insbesondere in den entfernten Teilen des Weltalls, dort, wo die menschenähnlichen Mixkreaturen (***) keine Gelegenheit hatten, die zeitsparende und remodulierende Technik der Gesamtpartikelübertragung (***) zu nutzen.

Die beiden, die auf den Stühlen das cineastische Bild des vorbeifliegenden Asteroiden genossen, hatten ebenso wenig mit einem tagähnlichen Ablauf zu tun, als man gemeinhin meint. Die beiden hatten sich verabredet und konnten es ohne großes Warten, denn sie hatten sich vor einigen Zeitintervallen bereits darauf verständigt, immer denselben Lebensrhythmus zu leben – wie es im Übrigen viele taten, die effizient und ohne große Reibungsverluste zusammenleben wollten. Die beiden Junggesellen waren wie ein verheiratetes Ehepaar, das sich das Leben zurechtlegt, um es gemeinsam gegen die Widrigkeiten des Alltags zu bestreiten – und genossen zusammen das Vorbeirauschen eines der besten Asteroidenbilder der letzten Zeitintervalle. Dass sie sich ausgerechnet den Asteroiden, der am nächsten zu dem vorbeifliegenden lag, aussuchen konnten, hatten sie einem speziellen Trick zu verdanken, den sich die beiden immer dann zunutze machten, wenn es darum ging, bei einem Großereignis wie diesem den besten Platz zu ergattern: Sie beeinflussten das grundsätzliche Verhalten des Asteroiden, zwangen diesen von seiner rotierenden in eine stabile Flugbahn und verringerten seine Nettomasse, sodass nur sie allein wussten, wie stark die künstliche Anziehungskraft sein musste, damit die beiden von dem Gesteinsbrocken gerade noch gehalten werden konnten. Das technische Konzept dahinter jetzt auszubreiten, halte ich für widersinnig, denn manche von Ihnen können sich sicher denken, dass es alles andere als einfach ist, sich eine solche Technik auszudenken, geschweige denn sie zu verstehen und zu beschreiben – oder wir würden das (***)-Spiel spielen. Die beiden auf dem Asteroiden waren seinerzeit vor einigen Zeitintervallen an der Erfindung dieser Technik unmittelbar beteiligt gewesen, hatten sich jedoch entgegen dem weltallweiten Machtapparat entschieden, diese Erfindung für die gesamte Weltallbevölkerung zugänglich machen zu wollen, als die Machtkonzentration Wind von dieser Entwicklung bekam und die beiden Techniker für ihre Ungehorsamkeit gegenüber allen Rassen und Wesen bestrafte, indem sie beide in die letzte Ecke des Weltalls verbannte, was dazu führte, dass sie nun genug Zeit besaßen, um sich vorbeifliegende Asteroiden anzuschauen. Dass sie ins Exil geschickt und nicht wie sonst üblich getötet, liquidiert oder beseitigt wurden – auch wenn viele jetzt denken, dass es wohl bei allen drei Punkten auf dasselbe hinausläuft, dem sei gesagt, dass es in dieser Evolutionsstufe Version 3.459837657645beta (***), in der die beiden leben, durchaus einen, wenn auch leichten, aber nachvollziehbaren Unterschied zwischen allen drei Optionen gibt. Um hier nicht schon wieder eine Schleife aufzumachen, die ich später nicht schließen kann, möchte ich zu der Evolutionsstufe noch folgende Anekdote erzählen – dass nämlich in der Zeit, als die Evolutionsstufe den kritischen Wert von Pi zu erreichen drohte, alle Wesen in allen Teilen des Weltalls damit begannen, den Zusammenbruch aller Welten und Galaxien heraufzubeschwören, was beinahe dazu geführt hätte, dass die Evolution umgekehrt worden wäre – was aber mit einem kaum zu beziffernden Risiko behaftet war, denn wie auch die beiden auf dem Asteroiden lernen mussten, ist die Umkehr der Evolution zwar grundsätzlich möglich, würde aber dazu führen, dass eine Rückrückumkehr wahrscheinlich unmöglich wird, da das produzierte Wissen mit vernichtet würde, sodass ein möglicher Entscheidungsprozess zur Rückrückumkehr nur dann wirklich praktikabel wäre, wenn es mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit gelänge, in der umgekehrten Evolutionsentwicklung eine Entscheidung bereits vorzubereiten, die dazu führt, dass man aus dem Rückwärtstreiben wieder einen Weg nach vorne macht – was zudem technisch schwieriger als das Umschwenken in eine niedrigere Evolutionsstufe ist. Außerdem besteht dann immer noch das Risiko, dass sich die Zwischenfälle aller Zufälle genauso wiederholen müssten, damit derselbe Weg beschritten werden könnte, um wieder dorthin zu gelangen, wo man mit fortschreitenden Zeitintervallen ist oder war – je nach aktuellem Zeithorizont.

Wer sich jetzt denkt, dass wir über Zeitreisen reden, dem muss ich sagen, dass dem nicht so ist, denn Zeitreisen sind unabhängig (obwohl auch nicht zu einhundert Prozent, aber doch zu einem fast vollständigen Prozentsatz) von der Evolutionsstufe, was bedeutet, dass es eine umgedrehte Evolutionsentwicklung geben kann, während die Zeitintervalle anwachsen und genau andersherum – wie bei den Zeitreisen, bei denen man sich heutzutage kaum mehr über die technische Umsetzung Kopfzerbrechen macht, sondern viel eher, wie man diese verhindert – denn schon bei den ersten Zeitreisentests kam heraus, dass die Gefahr einer Veränderung der modularen Evolutionsstufe viel zu risikoreich war, als dass man es an einfache Wesen abgeben durfte – genau wie die Erfindung der beiden Techniker auf dem Asteroiden.

Sie könnten an diesem Punkt der Erzählung durchaus monieren, dass wir immer noch dort sind, wo wir begonnen haben – bei den beiden Männern auf dem Asteroiden, ohne sonderlich mehr über die beiden zu wissen als zu Beginn. Doch wie in Gottes (***)² Namen soll ich eine Geschichte erzählen, die mit dem ersten Wort, das beide miteinander nach dem Vorbeiziehen des Asteroiden wechseln, wieder alles auf Null stellen würde, denn niemand außer dem Erzählenden selbst könnte dieses Wort so verstehen, dass am Ende klar ist, was der Erzählende denn nun damit meint. Aber vielleicht sind wir jetzt so weit, dass wir es mal versuchen können.

»Hunger!«

Wer von den beiden das erste voraussetzungsreiche Wort ausgesprochen hat, ist für die Geschichte unbedeutend, viel wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass sich beide auf einem Asteroiden befinden, dessen Rotationsgeschwindigkeit und Massenbeschleunigung verändert wurden, damit man einen wunderbaren Aussichtspunkt auf einen bildertraumhaften anderen Asteroiden haben konnte, angeschnallt auf zwei Stühlen, die aus einem Stoff bestehen, der den Asteroiden dazu befähigt, ihn festzuhalten, wobei das Gestein selbst nicht einmal eine Flüssigkeit in einer Tasse gehalten hätte, die die beiden Gäste aber nicht dabei haben. Somit wird aus dem vermeintlich einfach und normal dahin gesprochenen Wort „Hunger“ eine Odyssee, die damit beginnt, dass sich beide erst einmal über das Wie des Zurückkehrens auf ihren Heimatplaneten einigen müssen, denn bei diesem Trip müssen sie Hand in Hand arbeiten, sonst drohen sie in die Weiten des Weltalls abgetrieben zu werden. Das große Problem dabei ist nicht das Abtreiben, denn das passiert allen Übermütigen und Vorschnellen alle Nase lang, sodass die Sicherheitskräfte eines nahen Planeten schon ausschwärmen mussten, um den in den Strudel des Weltalls Entflohenen wieder einzufangen, nein, es war vielmehr die Tatsache, dass beide diese existenzrettende Kommunikationsebene vor dem Beginn ihres Ausflugs kappen mussten, denn eine Annäherung, wie beide es gewagt hatten, ist für alle Wesen des Weltalls ein Vergehen – und würde bei Entdecken unweigerlich mit dem Beenden der Lebensexistenz (***) bestraft.

Zudem sind beide Männer ins Exil geschickt worden, damit sie sich dort ihrer vermeintlich falschen Taten besinnen konnten, und sie durften auf keinen Fall auffällig werden – was allein schon schwierig wurde, wenn die beiden sich miteinander unterhielten, denn an diesem Ort des Weltalls, in den es die beiden verschlagen hat, ist es durchaus unüblich, dass man sich mit dem langsameren Sagen und dem schnelleren Hören unterhält. Es ist wie schon immer, in allen Zeitintervallen, an allen Orten dieses Weltalls: Sobald einer aus der Masse heraussticht, der etwas kann, was die anderen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht können, ist diese eine Kreatur prompt und unweigerlich ein Außenseiter, eine Bedrohung, als würde ein dunkler Schatten auf ihrer Existenz liegen – der bei den beiden Männern unweigerlich auf ihnen lag, was noch dazu kam. Natürlich hatte es sich unter den Bewohnern des Exilplaneten herumgesprochen, wer die beiden vorher gewesen waren, denn wie auch die Angst vor dem Andersartigen war die Neugier keinesfalls aus dem Gefühlsgemisch der verschiedenen Wesen verschwunden – wie denn auch, wenn es gerade die Neugier seit jeher ist, die das Leben so spannend macht!

Es ist kein leichtes, mit der Aussicht auf einen langen und unheimlich unaufregenden Flug durch die Weite des Alls konfrontiert zu sein, während im Gegenzug die lange und kalte Eigensinnigkeit der Bewohner des Exilsplaneten wartet, die man alleine deswegen schon meiden möchte, weil es keine geistigen Anregungen auf diesem runden Ei am Rande des Universums zu geben scheint – zumindest nicht, wenn man ein normaler Exilant ist (nicht wie die beiden Männer, die schon seit ihrer Geburt nicht sehr normal waren).

Der Jüngere der beiden – um mir das Erzählen leichter zu machen, erfinde ich jetzt Namen für die beiden, denn das Problem des Erzählens und insbesondere des Lesens besteht immer darin, sich die einzelnen Schritte der Geschichte vor das geistige Auge zu rufen, und warum es auch immer besser ist, Figuren, die man nicht direkt greifbar vor sich stehen hat, mit einem Namen zu versehen, um ihnen ein Bild geben zu können, das natürlich immer dann subjektiv und vor allem falsch sein muss, wenn keine nähere Beschreibung der Protagonisten beigefügt ist. Also, um das nachzuholen und viele der offenen Fragen zu beantworten, die ich mir beim Leser durchaus vorstellen kann, möchte ich an dieser Stelle eine kleine Pause in der Erzählung einlegen, um die beiden, den Älteren und den Jüngeren, ein wenig näher zu beschreiben, ehe ich mit einer Erwähnung am Rande schließe, die alle nun folgenden Beschreibungen obsolet macht – aber was soll’s.

Wie ich schon eben erwähnte, sind es zwei Männer, die eigentlich keine Männer sind, sondern nur diesem Bild so nahekommen, dass man sie als Männer verkaufen sollte, sonst… Aber das hatte ich ja auch schon! Also, die beiden Männer sind von unterschiedlicher Gestalt: Während der Jüngere der beiden der kleinere und schmächtigere ist, ist der Ältere der größere und mächtigere, ganz so wie der große Bruder, der sich immer vor den kleinen Bruder stellt, wenn sich dieser einer Situation nicht gewachsen fühlt. Normalerweise ist in einer solchen Konstellation – und da nutze ich das über viele Zeitintervalle immer noch lebendige Klischee, dass der Größere der Bewacher ist, während der Kleine, der sich kaum zu wehren weiß, der intelligentere der beiden darstellt – doch das trifft bei den beiden nicht unbedingt zu, denn sie bedingen einander, um wirklich intelligent zu sein. Deshalb haben sich beide über die Maßen gefreut, als sie von der Entscheidungsfindungs-Kommission die Nachricht übermittelt bekamen, dass sie zwar ins Exil gebracht würden, aber zumindest zusammenbleiben durften – wahrscheinlich wusste die Kommission ebensowenig von der Intelligenz-Nutzen-Theorie der beiden wie davon, was die beiden waren und immer noch sind: ein unschlagbares Duo, aber getrennt zu kaum mehr als zum Überleben fähig.

Diese überlegene Intelligenz war es auch gewesen, die beide zu Fall gebracht hat, denn sie waren sich einig, dass die Erfindung, die sie gemacht hatten, für alle Wesen zugänglich sein musste – was den Machtapparat nicht davon abhielt, seine eigene Sichtweise durchzusetzen – und das war etwas, was sich über alle Zeitintervalle ebenfalls kaum verändert hatte: die Machtzentren waren immer noch bestrebt, die Macht zu erhalten, während es zugleich andere Machtstrukturen gab, die versuchten, diese Macht den Mächtigen streitig zu machen, was dazu führte, dass der vermeintliche Kampf zwischen Gut und Böse nie enden würde – wobei die Meinung über Gut und Böse immer davon abhing und immer davon abhängen wird, wer denn gerade das Opfer und wer der Täter ist.

Nichtsdestotrotz wollen wir jetzt weiter in der Beschreibung der beiden Männer fortfahren – ich war stehen geblieben, den beiden einen Namen zu geben: Der jüngere der beiden heißt Anton und der ältere der beiden Hermann. Jetzt mögen einige Leser symbolisch den Finger heben und argumentieren, dass diese beiden Namen wohl eher zu Menschen eines sehr frühen zivilisatorischen Zeitalters zugerechnet werden sollten und viel weniger menschenähnlichen Wesen viele Zeitintervalle voraus gut zu Gesicht stehen, doch muss ich gestehen, dass sich die Namenvielfalt zwar vergrößert hat, doch wie gute Dinge aus alter Zeit immer mal wieder in Mode kommen, so kommen auch die alten Namen wieder in Mode, denn was nicht vergänglich ist, bleibt für die Ewigkeit erhalten. Ich hätte mir zwar durchaus auch zwei Namen ausdenken können, die den Leser dazu befähigen, sich einen Knoten in die Zunge zu denken, doch welchen Zweck würde das erfüllen? Außerdem war ich letztens noch bei einer Vorstellung, bei der genau eben dies passiert ist, doch zum Glück für die Zuhörenden war der Erzählende darauf vorbereitet und hatte vorsorglich einige Mediziner herbeigeschafft, die mit krampflösenden Mitteln die Zungenknoten wieder lösen konnten. Doch weg von meinen Geschichten – zurück zu Anton und Hermann.

Um das Aussehen von Anton und Hermann genauer zu beschreiben, muss zunächst einmal charakterisierend beschrieben werden, wie sich die Menschheit seit dem Aufbruch in die Weiten des Weltalls verändert hat, denn mit dem Kontakt zu anderen Lebensformen war durchaus eine Vermischung beider Erbsubstanzen möglich – wobei ich dieser Vorstellung einen Riegel vorschieben muss, denn bis auf eine einzige außerirdische Spezies sind die Erbsubstanzen anderer Spezies inkompatibel zueinander –, wobei merkwürdigerweise erwähnt werden sollte, dass es immer paarweise funktioniert, abgrenzend zu den anderen vielfältigen Spezies im Weltall. Was das für die Logik der Bevölkerung des Weltalls bedeutet, möchte ich an dieser Stelle hintanstellen, doch es muss gesagt sein, dass sich die menschliche Spezies nur mit einer einzigen vermischen kann – und diese andere Spezies ist so weit entfernt von den Durchschnittsmaßen und –merkmalen der menschlichen Existenz, dass eine Vermischung schon aus rein ästhetischen Motiven kaum möglich erscheint. Auch waren alle Tests, die man angestrengt hatte, um beide Spezies auf künstlichem Wege zu kreuzen, bisher schiefgegangen, und je länger die Wissenschaftler darüber nachdachten, desto mehr kamen sie zur Erkenntnis, dass eine Vermischung auch kaum sinnvoll erscheinen kann, denn das würde bedeuten, dass sich der Mensch mit einem Wesen kreuzt, das eher der Form und dem Wesen nach einem urwüchsigen Reptil auf der Erde glich. Und dennoch hatten sie es oft genug probiert, eine stabile Kreuzung zu züchten – mit dem vielleicht guten Ergebnis, dass alle Züchtungen genau einen Atemzug machen konnten, ehe sie eingingen, ohne je wiederbelebt zu werden. Es sollte nicht sein, auch wenn es technisch irgendwie möglich erschien – und so erging es allen Spezies im Weltall: Prinzipiell konnte man es hinbekommen, dass zwei verschiedene Erbmassen verschmolzen wurden, doch nie war es bisher gelungen, die Kreuzung beider lebensfähig zu erhalten. Irgendwie musste sich die Natur der interstellaren Evolution einen Mechanismus eingebaut haben, damit eine Vermischung nicht stattfinden konnte – warum auch immer.

Was das für Anton und Hermann bedeutet? Im Grunde sind sie, wie bereits eingangs beschrieben, zwei Männer, die sich de facto aus der Erbmasse des Menschen von der Erde heraus weiterentwickelt haben, zu dem, was sie heute sind. Dennoch kann man sie kaum mit den Menschen vergleichen, die man seinerseits auf der Erde antreffen konnte, als die Menschen noch nicht den Weltraum besiedelten; als ihnen der Zugang fehlte, die weiten Strecken innerhalb des schwarzen, fast leeren Raums zu überbrücken, obgleich darin die Lösung des Rätsels lag (***).

Anton und Hermann – um die Sache ein wenig leichter zu machen – sehen wie zwei Männer aus, die verschiedenartige Körperbauten besitzen, verschiedenartig artikulieren, verstehen, hören, sehen, schmecken, riechen, reagieren – ganz so unterschiedlich, wie es Menschen nun mal aus ihrer Genese heraus sind, und dennoch würde ein Außenstehender nur wenige Unterschiede zwischen beiden ausmachen können – abgesehen von ihrer offensichtlichen körperlichen Unterschiedlichkeit. Beide wirken auf Außenstehende – und alle außer die beiden waren Außenstehende – ziemlich gleich, wie eineiige Zwillinge, denen man verschiedene Kleidungsstücke anzieht, damit man sie auseinanderhalten kann – auch wenn die Mutter es natürlich kann (aber die ist ja auch die Mutter!). Anton und Hermann kennen ihre Mutter nicht, auch ihren Vater oder ihre sonstige Familie nicht, denn so etwas haben die Menschen schon seit langen Zeitintervallen abgeschafft, denn mit der Zeit und den langen Distanzen im Weltall haben sich Familienbande nur noch dann wirklich gelohnt, wenn der Druck von außen auf die Gemeinschaft so groß war, dass er nur gemeinsam gestemmt werden konnte, doch da die Bestrebungen der Mächtigen so weit gingen, dass niemand diesen äußeren Druck verspüren musste, ließ auch das Interesse an einer geregelten Familienstruktur nach, die die Mächtigen dazu benutzten, die Menschen zu separieren – was ihnen bis auf manche Verbindungen sehr gut gelungen ist. Dass es dennoch solche Verbindungen wie jene zwischen Anton und Hermann gibt, ist dem Umstand geschuldet, dass sich viele Talente innerhalb des menschlichen Geistes nur dann entwickeln, wenn ein kongenialer Partner die Denkstrukturen beständig überprüft und ab und an zu korrigieren weiß – was dazu führt, dass das Fehlerpotential der beiden minimiert werden kann. Daher rührt es, dass Anton und Hermann immer zusammen geforscht, gelebt und existiert haben – sie hatten immer gemeinsam gegessen, geschlafen, gewacht, gelernt, geforscht und geliebt – ja, die Liebe gab es auch in diesen Zeitintervallen noch, doch davon wird noch die Rede sein… Vielleicht auch nicht. (***)

Wo war ich stehen geblieben? Kann mal einer! Ach ja, danke! Sie sehen, dass selbst ich, der die Geschichte quasi am eigenen Leib miterfahren habe, manchmal den Faden verliere, wenn ich zu weit vom eigentlichen Geschehen abschweife. Warum ich an dieser Stelle zugebe, dass ich abschweife, wenn ich doch vorher so viel Wert darauf gelegt habe auszusagen, dass ich nie abschweife? Welche Art von Leser sind Sie eigentlich? Was denken Sie sich eigentlich! Was geht Sie das an, wie ich meine Geschichte aufbaue! Entweder lesen Sie das, was ich schreibe, oder legen den Text weg und machen das, was Sie sonst auch so tun! Aber dann müssten Sie ja darauf verzichten, die Geschichte von mir zu hören! Wollen Sie das wirklich!? Na, wie sieht es jetzt aus?! Nein, nicht zumachen! Warten Sie! Klappen Sie den Text nicht zu! Ich war noch nicht fertig! NEIN!!!!

Ah gut – Sie haben sich also doch entschieden, meiner Erzählung weiter zu lauschen! Ich möchte mich förmlich bei allen Lesern für diesen Fauxpas entschuldigen – wird hoffentlich nicht wieder vorkommen! Also, wo war ich stehen geblieben!? Bei Anton und Hermann, sagen Sie? Also… Aber nicht aufregen, nicht wahr? Bei Anton und Hermann?! Ach ja, wie beide auf dem Asteroiden sitzen, sich die vorbeifliegenden Gesteinsbrocken angesehen haben und sich jetzt überlegen müssen, wie sie von dem Asteroiden wieder fortkommen, ohne dass sie ins Weltall wegfliegen! Ja, wie haben sie das gemacht? Sie machen mich ganz durcheinander! Wie haben die beiden… Warten Sie mal kurz – ich muss… Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein!

Die beiden sitzen also auf ihren Stühlen aus einem Stoff, den es seinerzeit nicht auf der Erde gab, der aber fast überall sonst im Weltall verteilt war – sozusagen der Ausgleichsstoff für das Holz der Bäume, das es im Grunde in dieser Struktur nur auf der Erde gab und gibt, während dieser Ersatzstoff von einer anderen Struktur, aber vom selben Nutzen wie Holz ist –, die beiden sitzen also auf den Stühlen und schauen auf die verdampfende Spur, die der vorbeiziehende Asteroid hinter sich hergezogen hat, wenden ihre Köpfe dem anderen zu und denken gemeinsam über die Möglichkeiten nach, die sie in diesem Moment haben.

»Die Rotation des Asteroiden ist berechenbar«, steigt Anton in die Diskussion ein, »wenn wir den richtigen Winkel abpassen können und uns fest abstoßen, können wir auf jeden Fall Richtung RMJ4A« (Planetenbezeichnung – die beiden benutzen immer die wissenschaftliche Bezeichnung, eigentlich wird der Planet in der Bewohnersprache Xmahghnt genannt – doch Vorsicht, sprechen Sie das Wort nicht aus, wenn Sie keine krampflösenden Mittel und jemanden, der Ihnen das Mittel direkt in die krampfende Zunge applizieren kann, bei sich haben!) »rudern und müssen nur darauf achten, dass man uns früh genug entdeckt, damit man uns einfangen und zur Oberfläche zurückbringen kann.«

»Im Allgemeinen gebe ich dir Recht«, gibt Hermann zu verstehen, »doch muss ich im Speziellen deine Theorie anzweifeln, denn wenn ich erwähnen darf, ist erst im vorletzten Zeitintervall dieses Erkennen verschlafen worden und derjenige, der versucht hatte, auf eben jene Art und Weise auf den Planeten zu gelangen, ist vom Planeten so schnell beschleunigt worden, dass von ihm nichts, aber auch rein gar nichts Identifizierbares übriggeblieben ist.«

»Ich gebe deiner speziellen Theorie Recht, doch versuche ich sie so allgemein wie möglich zu halten, damit wir auch keine Rückkehroption übersehen! Ich möchte vermeiden, dass wir eine viel aufwändigere bevorzugen und die einfache übersehen!«

»Da gebe ich dir durchaus Recht, doch befürchte ich, dass es keine leichte Option gibt! Immerhin haben wir uns vor der Abreise hierher ja schon Gedanken gemacht, doch die gedankliche Analyse auf den Moment der Rückreise verschoben, weil uns klar war, dass wir erst an Ort und Stelle über die notwendigen Informationen verfügen, die uns befähigen, die bestmöglichste aller Alternativen zu wählen.«

»Das Abstoßen ist eine Alternative!«

»Aber keine, die wir unbedingt favorisieren sollten! Ich finde, dass wir noch nicht genügend und ausreichend allgemein darüber nachgedacht haben und uns daher nicht speziell entscheiden können! Die Wahrscheinlichkeit, dass wir bei einer nicht sauber zu ermittelnden Geschwindigkeit auf den Planeten zurasen und übersehen werden, liegt nach der statistischen Unebenheit, dass wir direkt in eine Flugbahn eines anderen Gesteinsbrockens geraten, zwar nur bei weniger als einem Promille, doch wenn wir ausgerechnet dieses Promille sind, dann hilft uns auch keine Statistik mehr.«

»Ich gebe dir absolut mathematisch und statistisch recht«, gibt Anton zurück und verschiebt den Gedanken daran, sich einfach von dem Gesteinsbrocken abzustoßen. »Was wäre, wenn wir die Rotation des Asteroiden wieder einsetzen lassen und in eine solche Form kanalisieren, dass wir direkt auf unseren Planeten zusteuern?«

»Dann müssen sie uns sehen, denn einen Asteroideneinschlag werden sie sicherlich nicht riskieren!«

»Wir müssen nur darauf achten, dass wir frühzeitig erkennen, wenn die Abwehrsysteme zu greifen beginnen, denn sonst wären wir nichts weiter als Staub und Ewigkeit im Weltall!«

»Das sollten wir hinbekommen!«, meint Hermann und beginnt ohne Aufforderung, rund um den Asteroiden zu laufen.

Da Anton darum weiß, wie sehr die Steuerung der Rotationsgeschwindigkeit von der Gleichmäßigkeit der hinzugefügten Energie abhing, wartet er, bis Hermann eine volle Runde um den Asteroiden gemacht hat, und beginnt gleichmäßig neben ihm zu laufen – immer mit dem Bedacht, dem Gesteinsbrocken mit jedem Schritt etwas von der Abstoßenergie mitzugeben, die sie beide mit ihren Tritten produzierten. Dabei half ihnen der eingesetzte Mechanismus, den sie beide anwendeten, um auf dem Asteroiden haften zu bleiben, da die simulierte Gravitationskraft dazu beitrug, die erschaffene Rotationsenergie auf direktem Wege zu kanalisieren – dabei mussten Anton und Hermann zwangsläufig in Kauf nehmen, dass sich die beiden Stühle unkontrolliert ins Weltall verabschieden, doch das konnten die beiden verkraften, wenn sie dafür nicht pulverisiert wurden.

Als der Gesteinsbrocken, aufgrund der maximalen Beschleunigung durch die beiden Läufer, zu glühen beginnt, ist es den beiden, als hätten sie etwas übersehen, doch dann kommt Anton in den Sinn, dass der Gesteinsbrocken wahrscheinlich eine eingebaute, dem Quarzgestein ähnliche Speicherfunktion für energetische Rückflüsse besitzt, doch allen Anschein zum Trotz haben sie die falsche Entscheidung getroffen, denn ein neuartig erscheinender, leuchtender Punkt am Firmament würde jeden auch nur erdenklichen Abwehrmechanismus starten, diesen leuchtenden Punkt im dunklen All ins Visier nehmen, einige Algorithmen durchrechnen, ehe der angepeilte Gegner unaufhaltbar zu interstellarem Staub vernichtet würde. Als Anton dieser Umstand klar wird, und er seinem genetisch ungleichen, aber sehr ähnlichen – bis auf die Körpergröße – gleichenden eineiigen Zwilling diese Tatsache im schnelleren Sprechen übermitteln will, ist es bereits viel zu spät, denn seine Gedanken, seine Worte, sein Leben, sein Witz, seine Intelligenz und sein Wesen hat nicht ausgereicht, um nicht zu interstellarer Staub zu werden, als der Abwehrmechanismus des benachbarten Planeten greift, der, ohne zu zögern, seine nähere Umgebung von allem Unbekannten und Nichtklassifizierbaren säubert – so effektiv, dass niemand je darüber die schnellen Worte verlieren wird, dass es Anton und Hermann waren, die diesen unfehlbaren Algorithmus erfunden haben; ach ja, hatten.